Daten & Fakten


Europas Wohnungskrise

Bezahlbares Wohnen ist ein Menschenrecht und die Grundlage für sozialen Zusammenhalt und Frieden. Amtliche Daten zeigen, dass immer mehr Europäerinnen und Europäer von Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt bedroht sind.


Bezahlbares Wohnen ist ein Menschenrecht und die Grundlage für sozialen Zusammenhalt und Frieden. Amtliche Daten zeigen, dass immer mehr Europäerinnen und Europäer von Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt bedroht sind. In ganz Europa nimmt die Wohnungslosigkeit zu. Wohnen ist für die Bürgerinnen und Bürger Europas zum größten Ausgabenposten geworden. Mieten und Immobilienpreise steigen in vielen EU-Mitgliedsstaaten schneller an als das Einkommen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Seit der Wirtschaftskrise 2007/2008 hat es in Europa einen alarmierenden Rückgang an Investitionen in erschwinglichen und angemessenen Wohnraum gegeben. Die Rechtsunsicherheit und der Mangel an Klarheit, den die derzeitigen EU-Verordnungen über staatliche Beihilfen verursachen, wirken als Hürden für öffentliche und private Investitionen in bezahlbares Wohnen. Deshalb ist eine bessere Wohnungspolitik vonnöten. Insbesondere sind eine bessere Finanzierung und bessere Regulierungen sowie ein Wissensaustausch notwendig.

Daten und Fakten

Kontinuierliche Steigerung der Wohnkosten

Wohnkosten sind eine wesentliche Determinante für leistbares Wohnen. 2016 wurde die bisher höchste Wachstumsrate von Immobilienpreisen seit 2009 verzeichnet. In vielen Mitgliedsstaaten steigen die Immobilienpreise rascher als das Einkommen. Wohnen ist insgesamt die höchste Haushaltsausgabe der Europäerinnen und Europäer. 

Die Wohnkostenüberbelastung bleibt konstant hoch und gefährdet vorwiegend ärmere Gesellschaftsschichten

Die Wohnkostenüberbelastung betrifft jenen Anteil der Gesellschaft, bei dem der gesamte Wohnkostensaufwand 40% des jährlich verfügbaren Haushaltseinkommens übersteigt. Die durchschnittliche Wohnkostenüberbelastung von armutsgefährdeten Personen in der EU hat beträchtich zugenommen: Gegenüber des Niveaus von vor der Wirtschaftskrise stieg der Prozentsatz von 35 % in 2005 auf über 39 % in 2015 an. Der Anteil von armutsgefährdeten Haushalten, die zu viel für Wohnen ausgeben, hat sich in einigen Ländern sogar verdoppelt.

Steigende Obdachlosigkeit

Obwohl die Problematik Obdachlosigkeit quantitativ nur sehr schwer messbar ist, ist es möglich, bestimmte Trends zu identifizieren. Neuerste Erkenntnisse dazu sind im FEANTSA Bericht 2017 zu finden: In 15 europäischen Ländern wird ein Anstieg in Obdachlosigkeit verzeichnet, was zum Teil auch auf die steigenden Wohnkosten zurückzuführen ist. Die Gefahr sozialer Ausgrenzung betrifft bereits einen hohen Anteil der Bevölkerung Europas.

Der Anteil an Wohnungsneubau ist zu niedrig

Es werden immer noch wenige Wohnungen gebaut, der Wohnungsneubau erholt sich nur langsam im Vergleich zu den Wohnungspreisen. Der Anteil des Wohnungsbaus am BIP beträgt derzeit nur etwa die Hälfte im Vergleich zum Anteil am BIP in 2016. Speziell Städte sind von Wohnraummangel bedroht, was sich wiederum in steigenden Immobilien- und Wohnkosten auswirkt.

Öffentliche Ausgaben für Wohnen sinken

Ein allgemeiner Trend der Europäischen Mitgliedsstaaten ist die Senkung der öffentlichen Ausgaben für Wohnen. Stattdessen werden Maßnahmen eingeführt, die den Zugang zu Wohnungseigentum vereinfachen oder den privaten Sektor fördern. Viele Staaten investieren mehr Fördermittel in Eigenheimzulagen als in Objektförderung oder Wohnungsneubau.

EU Beihilfe und Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse: Die Zielgruppe des sozialen Wohnbaus ist ein Problem

Der Einfluss der Europäischen Kommission in die nationale Wohnungspolitik, speziell durch die Regelung der “Services of general Economic Interest” (SGEI) und sonstigen EU-Beihilfen haben zu Kontroversen in vielen Mitgliedsstaaten geführt. Sozialer Wohnbau ist der einzige Sektor in den SGEI Beschlüssen, für den die Europäische Kommission eine Zielgruppe definiert: benachteiligte BewohnerInnen und sozial schwache Bevölkerungsgruppen. Diesbezüglich gab es sogar einen Gerichtsfall in den Niederlanden, durch den geschätzt tausende Personen die Berechtigung für den Zugang zum kommunalen Wohnbau verloren haben.

 

Quellen

EU Urban Agenda Housing Partnership – Guidance paper on EU regulation and public support for housing (PDF)

Housing Europe - The State of Housing in the EU 2017 (PDF)

European Federation of National Organisations Working with the Homeless (FEANTSA) – Second overview of housing exclusion in Europe 2017 (PDF)